Warum E-Mobilität?

Oder besser die Frage: Brauchen wir überhaupt Elektromobilität?

„Elektroautos sind meist kleiner und manche auch nicht ganz so bequem wie mein schöner neuer SUV“, so wird vielleicht die Einstellung beim ein oder anderen Durchschnitts-Deutschen aussehen. „Laden könnte ich zwar dann zu Hause, ok, aber wenn ich weitere Strecken fahre, dann bin ich viel unflexibler, meine Reichweite ist begrenzt und ich kann auch nicht in 10 Minuten für die nächsten 1000 km nachtanken. Vielmehr bin ich auf ein Netz aus Ladestationen angewiesen, muss mir mit einer „App“ die nächste Ladestation suchen und dann dauert das Laden vielleicht 20 Minuten oder länger? Nein, das ist mir zu unbequem! Und im Winter – weniger Reichweite und dann noch keine richtige Heizung!  Außerdem hat mein SUV eine Hängerkupplung und ich kann damit im Urlaub mein 3-Tonnen-Boot oder meinen Wohnwagen ziehen. Dass ich dafür das ganze Jahr über auf jedem Kilometer 2,5 Tonnen Gewicht durch die Gegend fahre und dass ich über 10l/100km brauche  – naja, optimal ist das nicht, aber es kost ja nicht viel. Vielleichts zahlts sogar der Arbeitgeber, dann isses doch eh egal.“

 

Also: Nein, wir brauchen keine Elektromobilität

das ist die logische Schlussfolgerung, wenn man so denkt – wie oben beschrieben.

Wären da nicht 3 Probleme, die uns eigentlich schon lang verbieten, so weiterzumachen wie bisher:

 

  1. Die Verfügbarkeit

Ohne das weiter auszuführen, aber aus jedem Liter Erdöl, den wir heute durch den Auspuff jagen, können unsere Kinder und die nächsten Generationen zum Beispiel keine intelligenten Kunststoffe mehr produzieren. Außer sie warten wieder ein paar Millionen Jahre auf Nachschub, aber mal ehrlich: Wer hat heutzutage schon noch so viel Geduld?

 

 

  1. Die Wertschöpfung

300 Milliarden Euro, das gibt die EU jedes Jahr für Energieimporte aus, für Deutschland sind es „nur“ 100. Das ist eine ganze Menge Geld, viele dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen könnte man damit finanzieren – und das nicht einmalig, sondern jedes Jahr wieder neu!

Aber das eigentliche Problem liegt noch wesentlich tiefer: Die Wertschöpfung für Maßnahmen in Erneuerbare Energien bleibt meist zu einem großen Teil in der Gemeinde, in der Region, im Land. Jeder Euro, der investiert wird, vervielfacht sich noch im regionalen Wirtschafts-Kreislauf.

Geld, das für fossile Energien ausgegeben wird, ist in der Regel für den regionalen Wirtschaftskreislauf verloren, es führt sogar dazu, dass andere Wirtschaftsräume sich neue Zukunftschancen mit diesem Geld aufbauen – apropos: „Wohin fahren Sie heuer in Urlaub? Auch nach Dubai?“.   

 

  1. Der Klimawandel
Bild: Prof. Dr. Volker Quaschning

Er ist eh nicht mehr aufzuhalten, der Klimawandel. Also aufgeben?

Weltweit hat man sich inzwischen dafür ausgesprochen, das 2-Grad-Ziel einzuhalten, naja, … fast weltweit. Aber das bedeutet, dass bis 2050 gar kein CO2 mehr ausgestossen werden darf und dass der Hauptteil der verbliebenen fossilen Ressourcen, nämlich mehr als 90%  nicht mehr angetastet werden darf! Mal ehrlich – ist das realistisch?

Tatsache ist, dass jedes Zehntel Grad mehr – von den Kosten und sonstigen Folgen mal ganz abgesehen, zu Flüchtlingsströmen auf der Welt führen wird, die wir uns heute trotz Syrienkrise gar nicht vorstellen können.

 

Nun ja, aber all diese Faktoren sind zwar wichtig und richtig, aber deswegen sind ja nicht alle Probleme und Einschränkungen behoben, die die E-Mobilität so mit sich bringt. Der Außendienstmitarbeiter, der es auf täglich 800km bringt, er wird momentan durchaus noch Schwierigkeiten haben, rein elektrisch zu fahren. Obwohl es ja inzwischen – Elon Musk sei Dank – auch recht langstreckentaugliche Autos gibt! Oder auch die Bahn, oder noch besser: Videokonferenzen. Trotzdem gibt es sicher immer noch zahlreiche Anwendungen, die nicht von heute auf morgen auf E-Autos umgestellt werden könnten.

Aber ist das ein Argument, nicht mit den zahllosen Anwendungen zu beginnen, die bereits heute ohne Probleme elektrisch fahren könnten? 25% aller deutschen PKW´s sind Zweitwagen, also steht im Haushalt im Zweifelsfall immer noch ein zweites Fahrzeug bereit bzw. man kann flexibel tauschen.  Viele Pendler fahren jeden Tag 20, 40 oder auch mehr Kilometer, manche könnten sogar bei ihrem Arbeitgeber kostenlos laden (übrigens steuerbefreit) und damit 80% Ihrer Jahreskilometer elektrisch abdecken. Nicht zuletzt ein Konjunkturprogramm für den ländlichen Raum!

Stadtbusse in abgasgeplagten Innenstädten könnten an Kreuzungen einfach „stehen“ statt im Leerlauf jede Menge unverbrannter Dieselabgase und Feinstaub auszustoßen. Krankenfahrdienste, Handwerker, Paketdienste usw. usw. – die Liste lässt sich endlos fortsetzen.

Natürlich ist nicht jeder elektrisch gefahrene Kilometer automatisch ein CO2-frei gefahrener Kilometer! Auch das E-Auto braucht Energie und die muss irgendwo herkommen, deswegen ist ja gar nicht fahren oder mit dem Rad fahren immer noch das allerbeste!

Aber der Energieträger „Strom“ ist unsere einzige Chance, die Mobilität weg von den fossilen Energien hin zu den Erneuerbaren umzustellen. In der Stadt klappt das mit U- und S-Bahn ja schon seit Jahrzehnten sehr gut, auch das ist E-Mobilität! Aber beim Individualverkehr oder im ländlichen Raum – da wird das E-Auto das Rennen machen!

Eigentlich muss man gar nicht argumentieren, denn früher oder später kommt das alles sowieso von selbst – schneller als wir annehmen. „Disruptiv“ ist hier das neue Zauberwort, mancher vergleicht´s auch gerne mit dem Popcorn in der Pfanne! Nur – wenn die Politik und Industrie in Deutschland und Europa den Ball nicht rechtzeitig annimmt, der hier neu ins Spielfeld kommt, dann werden ihn später eben andere spielen. Gibt es in der Geschichte Deutschlands denn nicht schon genug solcher erfolgreicher Spielzüge, die dann letztlich zum Eigentor wurden?  

Flyer Elektromobilität (rosolar)